Die Gitarre, auch Guitarre (von griechisch κιθάρα, Kithara, eine antike Leier) ist ein Musikinstrument aus der Familie der Kastenhalslauten, hinsichtlich der Tonerzeugung ein Saiteninstrument, von der Spieltechnik her ein Zupfinstrument.

Geschichte

Altertümliche ägyptische Gitarre (zwischen 1700 und 1200 v. Chr.)

Instrumente wie die Gitarre waren bereits vor 5000 Jahren in Gebrauch. Ein der europäischen Laute ähnliches Instrument ist bereits auf einem Relief aus dem Tempel des Hammurapi von Babylon (1792–1750 v. Chr.) zu finden. Ägyptische Zeichnungen zeigen Frauen, die Instrumente wie eine Gitarre aus der Zeit der Pharaonen spielen. Die spanische Vihuela aus der Renaissance ist die Vorform der heutigen Gitarre. Sie hat einen schmalen Korpus und eine Wirbelplatte. Die im 16. Jahrhundert, vor allem in Frankreich benutzte Gitarre hatte meist vier[13] Saiten bzw. Chöre.

Etymologie

Der Name Gitarre wurde aus dem Spanischen entlehnt, wobei spanisch guitarra über arabisch qīṯāra letztlich auf das altgriechische Wort κιθάρα (Kithara) zurückgeht. Jedoch gehört dieses Instrument wie die Lyra zu den Leiern der griechischen Antike und ist eher ein Vorläufer der Zither oder des Psalters.

Vorgeschichte

Afrikanischer Mundbogen

Es wird vermutet, dass die Ursprünge der Gitarre auf eine Weiterentwicklung von Instrumenten zurückgehen, die ähnlich wie ein Monochord funktionieren. Solche Instrumente sind sehr wahrscheinlich aus einem einfachen Pfeil und Bogen entstanden. Es gibt Höhlenzeichnungen in der Drei-Brüder-Höhle in Südfrankreich (ca. 14.000 v. Chr.), welche vermutlich einen Musiker zeigen, der seinen Mundraum für einen Mundbogen als Resonanzkörper verwendet (ähnlich einer Maultrommel). Diese Vermutung stützt sich jedoch lediglich darauf, dass ähnliche Instrumente wie der Berimbau (Bild unten Mitte) noch heute im Einsatz sind und es zwischen solchen rudimentären Saiteninstrumenten und gitarrenähnlichen Instrumenten einen fast nahtlosen Übergang gibt.

Solche lautenähnliche Instrumente sind z.B. die türkische Saz oder die indische Sitar. Der Vorläufer der Sitar war der persische Setar mit ursprünglich drei Saiten (se „drei“, tar „Saite“). Wann und wo erstmals auf einer echten Vorgängerin der Laute gespielt wurde, ist jedoch ungewiss. Abbildungen aus Mesopotamien und Ägypten von Saiteninstrumenten mit einem Hals sowie einem Resonanzkörper weisen auf einen Ursprung in den frühen Hochkulturen hin.

Die alten Griechen spielten auf Leiern (Jochlauten). Erst in hellenistischer Zeit verwendeten sie auch Lauten, deren Saiten sich im Unterschied zu den Leiern mit den Fingern an einem Griffbrett verkürzen ließen. Die Leiern bestanden aus einem Schallkörper, der nach oben in zwei seitliche Arme auslief, welche mit einem Querholz verbunden waren. In den so gebildeten Rahmen wurden die Saiten gespannt.

Das Leierinstrument erfreute sich, nach der Eroberung Griechenlands von dort importiert, im Römischen Reich großer Beliebtheit. Aber auch Saiteninstrumente mit Resonanzkasten und Hals waren in Gebrauch und machten sogar einen wichtigen Schritt in ihrer Entwicklung. Der ursprünglich längs über den gesamten Resonanzkörper hinweg gehende Hals wurde nämlich stattdessen an den Körper angesetzt, wie es bei heutigen Gitarren auch noch der Fall ist. Diese Instrumente wurden hauptsächlich von der Unterschicht gespielt, also auch den Soldaten, die das Instrument während der Punischen Kriege (264–146 v. Chr.) nach Spanien brachten. Hier grenzt sich der Begriff Kithara jedoch von seiner griechischen Bedeutung ab und bezieht sich von nun an nicht mehr auf die ursprüngliche Jochlaute.

Monochord

Das Berimbau, ein südamerikanischer Musikbogen

Die Cura ist eine Miniaturausführung der Saz

Mittelalter

Durch den Einfluss des Christentums änderten sich auch die Anforderungen an die Instrumente. Besonders die Entstehung der Mehrstimmigkeit forderte eine Weiterentwicklung der Bauform. Der Resonanzkörper wurde nun vorwiegend aus Brettchen zusammengeleimt und die Seitenteile nach außen gebogen, um dem Druck, der durch den angesetzten Hals ausgeübt wurde, standhalten zu können. Außerdem hatten die Instrumente keinen bauchigen Körper mehr, sondern einen zunehmend flachen, wie wir es von den heutigen Gitarren her kennen.

Zwar waren diese Instrumente auch im übrigen Europa bekannt, doch wurden sie hauptsächlich in Spanien verwendet. Seit dem Jahr 711 herrschten dort die Mauren, welche aus ihrer Heimat ein bereits voll ausgereiftes Instrument mitbrachten, die Oud (arab. al-oud „Holz“), eine arabische Laute, die ohne Bünde gespielt wird. Aus der Oud entwickelte sich die Renaissancelaute in ähnlicher Bauweise, aber mit Bünden: Kordeln aus Darm oder ähnlich festem Material wurden im richtigen Abstand um den Hals „gebunden“. Die Spanier entwickelten aus ihr die Vihuela, welche die gleiche Besaitung, aber einen flachen Körper hat. Die Vihuela wurde bis zur heutigen Gitarre weiterentwickelt.

Die arabische Oud

Europäische Renaissancelaute

Spanische Vihuela

Renaissance, Barock und Romantik

Die Renaissancegitarre besaß – gemäß Bermudo – meist vier Chöre, seltener fünf oder gar sechs. Die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts ist zum großen Teil in Form von Tabulaturen überliefert. Als jedoch in der Barockzeit die Gitarrenmusik unter Verwendung verschiedener rhythmischer Anschlagsarten (batteries) akkordbetonter wurde, gelangen nur bei der Guitarra die nötigen baulichen Anpassungen; die Vihuela starb aus. Auch diese Entwicklung vollzog sich auf spanischem Boden, mitgeprägt durch Gaspar Sanz und seine Gitarrenschule (Instrucción de música sobre la guitarra española), und so wurde die Gitarre mit der Zeit als Guitarra española – nun fünfchörig (in Frankreich vierchörig) und im Gegensatz zur Vihuela mit nur einer Saite im ersten Chor – bezeichnet.

Die fünfchörige Barockgitarre gelangte im 17. Jahrhundert über Italien durch Francesco Corbetta nach Frankreich, wo sie am Hof von Ludwig XIV. ein beliebtes Musikinstrument wurde. Auch der deutsche Instrumentenbauer Joachim Tielke fertigte um 1684 solche Gitarren an.

Mit dem Fortschreiten des Barock tendierte die Spielweise wieder vom rasgueado, dem Schlagen von Akkorden, zum kontrapunktischen Spiel, dem punteado, bis ein endgültiger Bruch schließlich in die Frühklassik mündete. Während dieser Zeit änderte sich die Besaitung der Gitarre ständig, da nun die Melodie, als tragendes Element, in den Vordergrund trat und viel experimentiert wurde, um neue Erfahrungen zu gewinnen.

Kurz vor 1800 fand eine Art Ringtausch zwischen Mandora und Gitarre statt. Die Gitarre, die als Barockgitarre rückläufig gestimmt worden war (e‘ – h – g – d‘ – a), übernahm die sechste Saite und die Stimmung der Mandora (e‘ – h – g – d – A – G, später auch e‘ – h – g – d – A – E). Die Mandora dagegen übernahm von der Gitarre die inzwischen eingeführte Besaitung mit einzelnen Saiten statt Chören. Ein später Erbe dieser Entwicklung auf Seiten der Mandora war die sogenannte Gitarrenlaute.

In Spanien veröffentlichte der Musikprofessor Fernando Ferandiere (etwa 1740–1816) noch 1799 ein Lehrwerk für eine sechschörige Barockgitarre, für die er auch zahlreiche Werke komponiert hatte.

Auf diese Weise wandelte sich Ende des 18. Jahrhunderts die (vier- bis) fünfchörige Barockgitarre zur sechssaitigen Gitarre des 19. Jahrhunderts, mit einer robusteren und im Vergleich zu den vielen Verzierungen der Barockgitarre funktionaleren Bauweise und, ablesbar auch in der Gitarrenliteratur ab etwa 1750, Möglichkeiten zu einer differenzierten Tonbildung und gleichzeitig einem sonoreren, der Musik der Romantik und des Impressionismus entsprechenden Klang. Für den Klang bedeutsam war auch der Einbau von Resonanzleisten, welche die Schwingungen auf den gesamten Körper übertrugen, wodurch die Töne lauter wurden und sogar den Einsatz der Gitarre in kleineren Orchestern ermöglichte. Eines der ersten Lehrwerke für die klassische Gitarre wurde 1825 von Dionisio Aguado veröffentlicht.

Spätgeschichte

Ihre klassische Epoche durchlebte die Gitarre hauptsächlich in Wien und Paris. In Wien prägte Johann Georg Stauffer das Wiener Gitarrenmodell. Später als in diesen beiden Städten bildete sich in London ein weiteres Zentrum der Gitarre europäischen Ranges aus. Zu den international wirkenden Komponisten der Gitarre zählte auch der Geigenvirtuose Niccolò Paganini.

Die Hauptkomponisten für die Gitarre in ihrer Blütezeit waren neben anderen in Paris Fernando Sor, Ferdinando Carulli, Dionisio Aguado, Pierre-Jean Porro und Napoléon Coste (1805–1883) sowie in Wien Mauro Giuliani, Johann Kaspar Mertz und Johann Dubez. In London waren zahlreiche Gitarristen, auch aus Deutschland stammend, wohnhaft. Die bekanntesten unter ihnen waren Leonhard Schulz, Wilhelm Neuland, Luigi Sagrini (* 1809), Felix Horetzky (1796–1870), Ferdinand Pelzer (1801–1861) und dessen Tochter Catharina Josepha Pratten (1821–1895). Zu den bedeutendsten Gitarrenvirtuosen nach Giulianis Lebenszeit zählte Giulio Regondi (1822–1872); er lebte ebenfalls die längste Zeit seines Lebens in London. Schon in der Romantik führten jedoch einige Entwicklungen wieder nach Spanien. Der Gitarrist Francisco Tárrega (1852–1909) beschritt dort mit seinen bis heute üblichen Griff- und Anschlagtechniken neue Wege. Zur gleichen Zeit vervollkommnete der Gitarrenbauer Antonio de Torres (1817–1892) die Gitarre in Form und Abmessungen, Anordnung der Decken-Verleistung und mechanischen Details.